Am 23. Juli öffnet die diesjährige Comic-Convention in San Diego zum 43. Mal ihre Pforten. Wie bereits in den vergangenen Jahren wird auch im kommenden Monat Lost vertreten sein, wenn auch zum letzten Mal.
In einigen Interviews gaben die Produzenten Damon Lindelof und Carlton Cuse erste kleine Hinweise auf das Lost Panel, welches hoffentlich den Start eines neuen ARGs darstellen wird:
In einem Interview bei den Saturn Awards erzählte Executive Producer Carlton Cuse einer Gruppe Reporter, dass er keine Fragen zur kommenden Staffel beantworten werde, nicht einmal unklare und schwammige Antworten. Jedoch versprach Cuse, dass er und sein Produzenten-Kollege Damon Lindelof bereit seien, Fans, die dem Lost Panel auf der Comic-Con International in San Diego nächsten Monat beiwohnen, Fragen zu beantworten.
„Ich hoffe, ihr kommt zur Comic-con“, sagte Cuse den Journalisten. „Traditionell halten Damon und ich zur dieser Zeit Funkstille, um dann auf der Comic-Con Fragen zu beantworten. Wir wollen den Fans die Möglichkeit geben, Spekulationen und Theorien über das im Finale gesehene aufzustellen, demnach wollen wir das Finale zu diesem Zeitpunkt noch nicht interpretieren. Kommt zur Comic-Con, denn wir werden noch einige Dinge über Staffel 6 zu erzählen haben.“
Quelle: SciFiWire.com ABC Studios hat auf der Comic-Con 2009 mind. 9 Panels, inklusive einem für die finale Staffel von Lost.
ABC hat sich für das Lost Panel stark angestrengt. Anstatt erste Bilder zu zeigen und Fragen zu beantworten, wurde eine sorgfältig geplante Produktion auf die Beine gestellt, welche typischerweise spezielles Filmmaterial, sowie Überraschungsgäste einschließt.
„Wir haben am Lost Panel monatelang gearbeitet“, sagt Mike Benson, bei ABC für das Marketing zuständig. „Wir wollen, dass das Publikum Lost als gute Unterhaltung wahrnimmt.“
Das klingt doch recht vielversprechend. Offenbar hat ABC bemerkt, dass das Lost Panel des vergangenen Jahres nicht so der Knaller war. Zwar wurde auch hier für die ein oder andere Überraschung gesorgt (wir erinnern uns das geheime Dharma-Video, Dan Bronson, The Project, und Hans Van Eeghen), jedoch waren diese eher von kurzfristiger Natur und haben im weiteren Verlauf der Serie keine Rolle mehr gespielt.
Hoffen wir mal, dass ABC aus seinen Fehlern gelernt hat, und wir dieses Jahr unabhängig von den auf der Comic-Con gegebenen Infos zur kommenden Staffel nachhaltig gut unterhalten und bis zur 6. Staffel einigermaßen beschäftigt werden. Laut find815.com ist Sam Thomas übrigens immer noch auf der Suche nach seiner Lebensgefährtin Sonya. Und da dies die letzte Gelegenheit ist, Find 815 abzuschließen, wird die Comic-Con 2009 womöglich der Start eines interessanten ARGs.
Gute Neuigkeiten für alle Lost-Fans: Die 6. Staffel wird 18 Stunden beinhalten. Nachdem bereits vor einiger Zeit von halb-offizieller Seite von 18 Episoden gesprochen wurde, jedoch ABC bislang lediglich von 17 sprach, wird der 6. Staffel nun eine Stunde geschenkt.
Staffel-Premiere und -Finale werden jeweils zwei Stunden lang sein, dementsprechend gibt es 16 Episoden. Wann genau die erste Episode der finalen Staffel ausgestrahlt wird, ist bislang unklar.
In einer bolivischen Nachrichtensendung haben die Redakteure offenbar einen kleinen Fehler begannen. Dort war man vermutlich ziemlich stolz darauf, Bilder aus dem kürzlich tragisch verunglücktem Air-France-Flug 447 zeigen zu können.
Nur blöd, dass die beiden gezeigten Fotos leider von einem nicht ganz so realen Absturz stammen:
Zum Vergleich:
Bisher hat sich der Sender nicht zur Angelegenheit geäußert − ist vermutlich auch besser so.
Vorwort Da sich die Fragen und Anfragen bezüglich der altägyptischenGötterwelt und ihrer Verbindung zu „Lost“ immer mehr häuften, starte ich nun ein recht aufwendiges, aber hoffentlich erhellendes Projekt, in dem ich euch allen die altägyptischen Götter als auch die Bezüge zu „Lost“ näher bringen will. Zunächst wollte ich nur einen Text machen, doch je länger ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir klar, dass dies nicht sonderlich sinnvoll wäre. Der Text wäre zu umfangreich, was zum einen bedeuten würde, dass ihr sehr lange auf erste Ergebnisse warten müsstet und zum anderen würde es heißen, dass ihr einen Text von der Länge eines Buches auf einmal präsentiert bekämt. Folglich habe ich mich entschieden in der Staffelpause immer mal wieder eine Abhandlung für den Blog vorzubereiten und euch so Stückchen für Stückchen mit der Thematik vertraut zu machen – als Vorbereitung auf das, was uns in Staffel 6 noch so erwarten mag. Der Vorteil ist auch, dass Leute, die sich zumindest etwas mit der Materie auskennen, besser filtern können, was für sie zu lesen sinnvoll ist und was eher nicht. Man sollte nämlich nicht vergessen, dass wir es hier mit ca. 6000 Jahren Menschheits- und Religionsgeschichte zu tun haben. Folglich werde ich trotz des großen Umfangs meiner Abhandlungen nur einen winzigen Bruchteil beleuchten können. Diese 6000 Jahre und die für die Zeit der Antike gewaltige Größe des ägyptischen Kulturraums mit vielen unterschiedlichen Kulturzentren stellen uns vor ein weiteres Problem. Denn eine Folge des Ganzen ist neben der schier unbeschreiblichen Vielfalt an Göttern und Glaubensausprägungen auch die Widersprüche in den einzelnen Mythen. Von den meisten Geschichten gibt es Dutzende verschiedener Versionen und viele Götter wandelten sich auch im Lauf der Jahre. Es gibt also NIE die eine, richtige Fassung, auch wenn ich nur eine wiedergebe, weil die anderen Varianten nicht sehr verbreitet oder für uns in Hinblick auf „Lost“ uninteressant sind. Womit wir auch beim wichtigsten Thema wären:
Der Bezug zu „Lost“
Natürlich begebe ich mich in erster Linie auf Spurensuche, um Bezüge zu „Lost“ herzustellen, denn darum geht es hier. Nichtsdestotrotz erfreut einen keine Erkenntnis oder Theorie so sehr wie die, auf die man selbst gekommen ist. Um euch also bis zur zweiten Ausgabe (in den nächsten Wochen) die Möglichkeit zu geben, mit dem neu erworbenen Wissen selbst mal etwas rumzuspielen und Theorien aufzustellen, werde ich mich heute darauf beschränken euch die wichtigsten Götter der Alten Ägypter vorzustellen und mögliche Bezüge zu Lost-Charakteren nur leicht anzureißen – ein Who-is-Who der altägyptischen Mythenwelt.
Who-is-Who?!
Anubis
Anup/Anupu/Ienpw/Inpu Den Knaben kennt ihr vermutlich alle schon – nicht zuletzt, weil er auf dem Relief in der Kammer unter dem Tempel zu sehen war, in der Ben die Konfrontation mit dem Monster suchte und wohl auch, weil ich mich nach ihm benannt habe (ich meine meinen Nickname). Für gewöhnlich wird Anubis als liegender Schakal oder Mann mit Schakalkopf dargestellt – wobei angemerkt sein sollte, dass die Unterscheidung zwischen Hunden und Schakalen eine verhältnismäßig neumodische Erscheinung ist, denn für die Ägypter war das noch alles Einerlei. Die Wahl dieses Tieres als Symbol für den Totenbegleiter ist keineswegs zufällig: da Schakale Aasfresser sind, trieben sie sich oft in der Nähe von Grabanlagen, Nekropolen oder Tempeln zur Einbalsamierung herum. Die alten Ägypter zogen daraus den Schluss, dies müssten die Diener des Anubis sein, die über die Toten wachten – das kann man nur als blanke Ironie bezeichnen, wenn man bedenkt, dass die Tierchen wohl mehr am Abnagen der Knochen als an deren Pflege interessiert waren. Anubis war laut Sage das Ergebnis eines Seitensprungs seines Vaters Osiris mit dessen Schwester Nephthys, die von ihrem Ehemann Seth keine Kinder bekommen konnte (warum erfahrt ihr unten im Abschnitt über Seth). Ferner war Anubis der Zwillingsbruder des Bata und Halbbruder des Horus, dessen Mutter Isis(Osiris Schwester und Gemahlin – ja die Götter hatten das mit der Inzest echt raus) von Anubis begleitet wurde, um die Überreste Osiris’ zu suchen, nachdem Seth diesen ermordet hatte. Jedoch war Anubis in den Sagen und Mythen eher weniger präsent, sondern hatte vor allem eine rituelle Bedeutung. Er galt als Hüter und Wegbegleiter der Toten auf ihrem Weg ins Duat.
In der Sage erschafft Anubis mit seinem Vater die erste Mumie und ermöglicht ihm so ein Weiterleben in der Unterwelt, wo Osiris von da an herrscht. Anubis wiederum geleitet alle Verstorbenen von der Mumifizierung durch seine Priester bis hin zum Totengericht, wo er ihr Herz nach der Beichte gegen die Feder der Maat aufwiegt. Mit dem Jenseitsglauben der Ägypter werde ich mich beizeiten noch ausführlicher auseinandersetzen. Obwohl Anubis in der ägyptischen Götterwelt eher die Rolle eines Dieners einnahm, ist er doch eine absolute Ausnahmeerscheinung unter den altägyptischen Göttern. Nicht nur, dass der Glaube an ihn in ganz Ägypten ohne großartige Unterschiede in der Ausprägung praktisch vom Anfang bis zum Ende des ägyptischen Reiches verbreitet war, nein, er schaffte es sogar über Ägypten hinaus Bedeutung zu erlangen und wurde auch in Griechenland und Rom verehrt. (siehe nächstes Bild: Hermanubis)
Ferner ist er einer der wenigen Götter ohne eine dunkle, negative Seite, was umso ironischer anmutet, wenn man bedenkt, dass er in unser Popkultur oft als Inbegriff des Bösen Verwendung findet – man denke an „Die Mumie kehrt zurück“ oder „Stargate“. Letztlich ist Anubis eine der wenigen altägyptischen Gottheiten, die uns bis heute erhalten geblieben ist und das nicht nur in der Popkultur, sondern auch in unseren Bräuchen, denn die Farbe des Anubis und somit auch des Todes und der Trauer war und ist bis heute Schwarz. Bei „Lost“ finden sich viele Wesenszüge des Anubis’ in Richard Alpert wieder, der auch dem Anführer der Anderen als Ratgeber und Bote dient – ähnlich wie Anubis, Horus und Osiris. Bens Rettung durch Richard im Tempel könnte man ähnlich deuten wie die Errettung der menschlichen Seele im Jenseits. Sowohl Richard als auch Anubis sind Hüter, Wächter – sie bewahren die bestehende Ordnung und leiten die eigentlichen Führer an, richtig zu handeln.
Taweret
Tawaret/Taueret/Toëris/Toeris/Tuart/Tuat
Ihr merkt schon ich handle die Götter in der Reihenfolge ab, wie sie mir für euch sinnig und verständlich erscheint ;-). Taweret oder Toëris (die erste Version ist im englischen Sprachraum häufiger anzutreffen, während Toëris vor allem in deutschsprachiger Fachliteratur zu finden ist – man findet aber auch zusätzlich zu den bereits angeführten, die Schreibweisen Thoeris, Tauret, Taverett; Hans Bonnet führt sie einfach als „Nilpferdgöttin“ auf) war die Schutzgöttin der Schwangeren und Mütter. Jedoch wird sie auch ganz allgemein als schützende Dämonin verehrt. In den Anfängen wurden Amulette oder Statuetten der Nilpferdgöttin vor allem vom einfachen Volk zur Abwehr von bösen Geistern getragen. Zeitweilig existierte auch der Glaube an 14 oder 12 (für die zwölf Monate) Nilpferdgöttinnen, die gemeinsam gegen das Böse eintraten. Erst später erlangte sie den Status der Göttin Taweret, der Heiligtümer und Kultstätten geweiht wurden. Nichtsdestotrotz blieb Taweret wie Bes in erster Linie ein Schutzgeist für die heimischen vier Wände und wurde daher auch mit der Sa-Schleife oder einer Fackel zur Abwehr böser Geister und Dämonen dargestellt, die vor allem bei der Entbindung zuschlugen und Mutter und Kind im geschwächten Zustand attackierten. Die Darstellungsformen der Nilpferdgöttinnen sind – zumindest laut Bonnet – längst nicht so einheitlich wie es andere Fachliteratur für Laien gerne Glauben macht, was gerade im Bezug auf die Statue in „Lost“ interessant ist. Ich muss gestehen, dass es auch mir neu war und ich beim Blick in Bonnets „Lexikon der Ägyptischen Religionsgeschichte“ durchaus überrascht war.
Zunächst einmal unterscheidet Hans Bonnet die Göttinnen der 12 Monate von denen der fünf Zusatztage (bei den Ägyptern hatte das Jahr zwar 365 Tage, aber die Monate hatten alle 30 Tage – zu diesen fünf zusätzlichen Tagen gibt es auch eine nette Sage, aber die würde den Rahmen dieser Ausgabe sprengen, wird aber in der nächsten enthalten sein), denn diese fünf haben menschliche Köpfe, während die anderen zwölf Nilpferdköpfe haben. Aber es gab auch Darstellungen mit Löwen- oder Krokodilsköpfen (also eine Anlehnung an Sobek/Suchos). Einheitlich ist neben dem fülligen Nilpferdkörper nur die Darstellung der Beine, die nahezu immer die von einem Löwen bzw. einer Löwin sind. Arme und Brüste der Göttin tragen zumeist menschliche Züge. Auch beim Namen gibt es überraschend wenig Einigkeit: während Toëris („die Große“) als Sammelbegriff noch gerade so zulässig ist, tauchen darüber hinaus auch die Namen Duat, Schepset („die Ehrwürdige“), Reret („Sau“), Ipi oder Iept für Nilpferdgöttinnen auf, wobei gerade die letzten beiden nicht mit Taweret gleichgesetzt werden dürfen. So, das sollte zu der Dame erst einmal genügen, auch wenn sie z.B. in besagtem Lexikon über sechs Seiten füllt. Alles Übrige werde ich beizeiten mal im dazugehörigen Wiki-Artikel ergänzen. Auf der Suche nach einem ihr entsprechenden Lost-Charakter wird man rasch fündig: Juliet. Ich denke nicht, dass das irgendwelcher Erklärungen bedarf.
Osiris
Ausir/Wesir/Usir/Usire
„Oh-oh-oh-Osiris!“ Oft wird einem suggeriert, dass Ra der wichtigste und mächtigste Gott der Alten Ägypter war, doch das stimmt nur bedingt. Je nachdem unter welchen Gesichtspunkten und in welchen Epochen und Kulturzentren wir forschen, werden wir auch auf Osiris oder dessen Sohn Horus als wichtigsten und mächtigsten ägyptischen Gott stoßen. Osiris ist Gemahl und Bruder der Isis und der Vater von Horus, Anubis und Bata. Ferner wird er meist als Bruder von Nephthys, Seth und Ra (oft aber auch Horus der Ältere) gesehen – diese fünf (also Osiris, Isis, Nephthys, Seth und Ra) galten in Heliopolis als die Kinder von Nut(der Himmelsgöttin) und Geb(dem Gott der Erde).
Geb soll seinem Sohn Osiris die Herrschaft über sein Reich (also die Erde) anvertraut haben, was den eifersüchtigen Seth erzürnte. Seth ersann also eine List und ermordete seinen Bruder. Die komplette Sage um die Ermordung von Osiris und den Kampf der Götter, der darauf folgte, wird ebenso wie der Schöpfungsmythos von Heliopolis Hauptbestandteil der zweiten Ausgabe sein.
Osiris ist also der „gute“ Gegenpart zu Seth, dem Gott des Chaos, und fungierte unter anderem als Gott der Unterwelt, der Fruchtbarkeit und der Vegetation(auch wenn man anders vermuten könnte, kam die grüne Gesichtsfarbe daher und nicht davon, dass er verweste oder ihm schlecht war). Aber auch seine Funktion als kosmischer Herrscher ist von großer Bedeutung. Aber wie gesagt wird uns der alte Osiris nächste Woche noch ganz ausführlich beschäftigen. Ein möglicher Bezug des Osiris zu John Locke oder Jacob wurde schon vielfach angesprochen und beide Möglichkeiten wären überaus plausibel.
Seth
Set/Seteh/Setech/Sutekh
Seth ist ja gemeinhin als der ultimative Böse unter den altägyptischen Göttern bekannt, was mal wieder Bände über unser typisches Schwarz-Weiß-Denken spricht, das sich nicht so recht in die Denkweise der Alten Ägypter fügen möchte. Die meisten ägyptischen Gottheiten vereinten beide Seiten in sich, auch wenn eine oft überwiegte. Seth ist der Gott des Chaos’ und des Hasses, aber er ist auch der Gott der Wüste und des dort in Form von Bodenschätzen zu findenden Reichtums. Er ist einer der mächtigsten Götter, von schier unbändiger körperlicher wie magischer Kraft und so verwundert es nicht, dass er zeitweilig auch als Kriegsgott und Ras Leibwächter verehrt wurde, der den Sonnengott vor den Angriffen seines Erzfeindes Apophis schützte – eine Stellung, die aber auch Horus und vor allem Bastet häufig inne haben.
Berühmt ist Seth vor allem durch das Scha(siehe linkes Bild: Seth-Tier) geworden, jenes merkwürdige Wüstentier, dessen genaue Herkunft und Bedeutung heute unklar ist. Da die Ägypter sich für gewöhnlich stets an real existierende Tiere hielten, müssen wir davon ausgehen, dass es sich beim Scha um ein entfremdetes reales Tier handelt, das entweder so selten war, dass die ägyptischen Maler und Schreiber nicht genau wussten wie es aussah, weil sie sein Aussehen nur immer weiter von den Originaldarstellungen ausgehend tradierten, oder aber weil das Tier ausstarb.
Im wahrsten Sinne des Wortes legendär ist Seths Mord an seinem Bruder Osiris und der darauffolgende Kampf mit dessen Sohn Horus (aber dazu mehr in den nächsten Wochen). Ein weiteres überaus interessantes Detail ist, dass Seth wie die Wüste, die er verkörperte, unfruchtbar war. Angeblich soll er so von Neid und Hass erfüllt gewesen sein, dass er dadurch unfähig wurde, Kinder zu zeugen. Wenn so was tatsächlich zu Unfruchtbarkeit führen kann, stellt sich einem wirklich die Frage, wie Charles Widmore es geschafft hat, zwei Kinder in die Welt zu setzen. Seth könnte durch Jacobs Widersacher „Samuel/Esau“(Men#2) verkörpert werden. Die Tatsache, dass er nur die düstere Hälfte einer eigentlich guten Medaille ist, würde dafür sprechen.
Wie Seth die dunklen Aspekte der Herrschaft verkörperte, könnte auch Samuel die dunklen Aspekte der Insel verkörpern ohne direkt böse zu sein.
Horus
Horos/Arueris
Horus war der erste Ortsgott, der es in ganz Ägypten zu großem Ruhm und Bedeutung brachte. Horus ist der Sohn von Osiris und Isis, somit auch Halbbruder und Cousin des Anubis und Neffe von Seth und Nephthys.
Ferner ist er der Vater der vier Schutzgötter der Kanopen(besondere Krüge, in denen bei der Mumifizierung die inneren Organe beigesetzt wurden – ebenfalls gesondert mumifiziert) und der vier Himmelsrichtungen: Amset, Hapi, Duamutef und Kebechsenuef(ja, da bekommen selbst Logopäden so ihre Probleme^^). Dargestellt wird Horus meist als Falke oder Mann mit Falkenkopf, gelegentlich auch als menschlicher Krieger, Knabe, Säugling (mit Isis als seiner Mutter) oder Stier. Auf seinem Haupt trägt er die Krone von Ganz Ägypten, da er das Land (also Ober- und Unterägypten)geeint haben soll. Er war der letzte der Götter, der auf Erden herrschte, und die Pharaonen folgen seiner Linie. Sie sind seine Vertreter auf Erden und vereinen sich nach dem Tod mit den Göttern. Horus spricht einzig und allein mit dem Pharao, um ihm seinen Willen mitzuteilen (na, kommt euch das auch so bekannt vor?). Doch konkurriert Horus stets mit seinem Onkel Seth um die Herrschaft. In späteren Zeiten herrschen beide über einen Teil Ägyptens (so schnell kann eine Vereinigung dann auch mal wieder rückgängig gemacht werden) und umsorgen ihren Statthalter (den Pharao) gemeinsam. Diese Form des Dualismus und die scheinbar widersinnige Verknüpfung von Konkurrenzkampf und Versöhnung sind für die ägyptische Glaubenslehre allzu typisch. Horus ist aber nicht nur weltlicher, sondern auch weltweiter Herrscher. Er beschützt mit seinen Federn die gesamte Welt. Horus ist desweiteren ein Licht- und Himmelsgott, ein Krieger, ein Diener seines Vaters Osiris im Totenreich usw. Ich könnte mich über die Fassetten dieser Gottheit noch 108 Seiten lang auslassen, womit aber keinem gedient wäre. Doch zu seiner Bedeutung in den Mythen über die Götter möchte ich zumindest kurz zu sprechen kommen: Der Sage nach empfing Isis Horus von Osiris durch einen mächtigen Zauber, nachdem ihr Gemahl bereits verschieden war. Horus’ Zweck war einzig und allein die Rache an seinem Onkel Seth – er sollte Seth stürzen und den Platz als Herrscher in Folge seines Vaters einnehmen.
Der junge Horus hatte jedoch ein überaus hitziges Temperament und unterlag oft den Listen seines Onkels. Bei ihrem legendären Zweikampf stieß Seth Horus außerdem ein Auge aus und er erhielt ein künstliches aus Stein: das Udjat-Auge, was seither als Symbol der Heilung gilt. Ferner symbolisieren die zwei Augen des Horus Sonne und Mond. Im „Lost“-Universum könnte man Horus durch verschiedene Charaktere verkörpert sehen: der Herrscher Horus hat eine große Ähnlichkeit mit Jacob – besonders wenn wir in „Samuel/Esau“(Men#2), Seth wiedererkennen. Horus als Diener und Befehlsempfänger des Osiris, aber auch als Anführer und listenreicher Widersacher des Bösen hat viel mit Ben Linus gemein. Zumal auch Horus viele dunkle Aspekte besaß und dennoch als Bewahrer des Guten galt und seinen Herrschaftsanspruch gegen das eigentliche Böse, in der Verkörperung Seths, behaupten musste. Doch auch Jack hat viel von Horus – besonders von dem jungen, oft hitzköpfigen, aber nichtsdestotrotz der rechten Sache verschriebenen Gott.
Re
Ra
Der Sonnengott Re hat trotz seiner immensen Bedeutung viele Wandel durchlebt. Am bekanntesten ist er wohl als falkenköpfiger Gott mit der Sonnenscheibe Aton auf seinem Haupt. So reist er in seiner Barke über das Firmament.
Über den alltäglichen Weg des Re und andere mit ihm verknüpfte Sagen werdet ihr in einer der kommenden Ausgaben näheres erfahren. Interessant ist Re für uns vor allem in seiner Funktion als Herrscher: Einst mächtig und kraftvoll, taucht er in späteren Erzählungen als alter Greis auf, der des Regierens müde geworden ist. Am Ende seiner Herrschaft soll er von Nut empor getragen worden sein und als er hinab blickte auf die Menschen, sah er, wie sich diese mit Pfeil und Bogen bekriegten und gegenseitig umbrachten.
Re soll über all diese Gewalt erschrocken gewesen sein und bat Nut, ihn von all diesem Grauen wegzubringen und so stieg er in den Himmel hinauf, wo er von nun an mit der Sonnenbarke umherfuhr und die Welt nur noch aus der Ferne betrachtete. Das Element des Re ist überdies das Feuer, welches sowohl vernichtende als auch reinigende und schützende Wirkung hat (ja, langsam hat wohl jeder kapiert, worauf ich hinaus will) und zur Abwehr gegen Dämonen – insbesondere wird hier Apophis namentlich genannt – genutzt wurde. Gerade in Gräbern und im Jenseits ist das Element des Feuers sehr präsent und kann auch vom Toten selbst als Waffe gegen Feinde eingesetzt werden.
Je mehr ich mich mit der Figur des Re beschäftige, umso wahrscheinlicher scheint es mir, dass Jacob nicht auf Osiris sondern auf Re anspielen soll, allein schon weil eher ein Bezug zwischen Osiris und John Locke besteht. Außerdem wird der Phönix als Verkörperung der Seele des Re beschrieben. Re wurde oft mit anderen Götternzusammengefasst – so erschien er als Schöpfergott Atum-Re, aber auch als Himmelsgott Amun-Re oder zusammen mit dem Krokodilsgott Sobek als Sobek-Re und als UnterweltherrscherSokar-Re.
Apophis
Apep/Apepi/Aapep
Apophis ist der ewige Widersacher des Re – Re ist die Sonne, das Licht und Apophis verkörpert die Finsternis. Die Riesenschlange attackiert Res Sonnebarke beim Auf- und Untergehen oder seinem Weg durch die Unterwelt während der Nachtstunden. Der Dämon verkörpert Unwetter(Stürme und Gewitter), die Nacht, Sonnenfinsternisse und alle anderen zerstörerischen oder bedrohlichen Naturkräfte. Während Apophis zunächst noch Seth als Verteidiger der Sonnenbarke gegenübertreten muss, werden die beiden Götter in späteren Texten oft gleichgesetzt, da sie beide eine zerstörerische Kraft verkörpern und ihrem jeweiligen Gegenpart (also Re bei Apophis und Osiris bzw. Horus bei Seth) nach der Herrschaft trachten. Dann (als man Seth und Apophis nicht mehr zwingend trennte) tritt zumeist Bastet, aber gelegentlich auch Horus als sein Gegner an Seths Stelle.
Da Apophis aber nicht nur Neider und Zerstörer ist, sondern auch schlichtweg als Naturgewalt verstanden werden kann, könnten wir bei „Lost“ eine Entsprechung für ihn sowohl im Monster als auch in „Samuel/Esau“(Men#2) suchen – wobei sich beides nicht ausschließen muss. Wenn wir von einem starken Einfluss der ägyptischen Mythologie auf „Lost“ ausgehen, könnte sich hier die Erklärung für die Einheit vom Monster und „Samuel“ finden, die seit „The Incident“ eine beliebte und nicht ganz abwegige Theorie ist.
Bastet und Sachmet
Bast und Sechmet
Die Katzengöttin Bastet wurde vor allem inBubastis verehrt, während Sachmet ihr Kulturzentrum zunächst in Memphis hatte. Beide Göttinnen sind Aspekte derselben Medaille. Sie sind wie etwa auch Hathor und Maat Töchter des Re bzw. gehören zum Auge des Re. Bastet verkörpert als Katze und Wächterin den schützenden Aspekt der Göttin, während die Löwin Sachmet als kriegerische Zerstörerin auftaucht, die im Blutrausch die Menschheit fast ausgerottet haben soll.
Die Augen des Re leben alle in einem ständigen Widerspruch, da sie sich zum einen nicht zu weit von ihrem Vater entfernen dürfen und zum anderen aber auch sein Licht in die entferntesten Winkel der Welt tragen müssen, um die Finsternis zu verdrängen. Doch auch wenn man Bastet und Sachmet getrennt voneinander betrachtet, haben sie eine widersprüchliche Natur. Bastet ist nicht nur Res Wächterin und die Bezwingerin von Apophis, sondern auch die Göttin des Tanzes, der Musik und der Feste – etwas moderner ausgedrückt: Sex, Drugs and Rock’n’Roll! Sachmet wird wiederum nicht nur als Zerstörerin und todbringende Kriegerin, sondern auch als Heilerin verstanden.
Ich denke, dass wir, wenn wir Bastet bzw. Sachmet in „Lost“ suchen, am ehesten bei Kate fündig werden, die auch von einer rastlosen Natur und innerer Zerrissenheit gezeichnet ist.
Thot
Thoth/Tehut/Dehuti
Kommen wir nun zum König aller Klugscheißer: Thot. Thot ist so etwas wie der Sekretär und ewige Ratgeber der herrschenden Götter. Er ist die unanfechtbare Nummer 2 hinter dem gerade herrschenden Gott – sei es nun Re, Osiris, Seth oder Horus. Thot verwaltet alles und dazu hat er auch etwas erfunden, was ihm die Arbeit erleichtert, womit er sein Wissen festhalten und weitergeben kann: die Schrift. Ferner ist er auch Gott der Mathematik, der Astronomie und der Zeit(!). Er verkörpert den Mond und gilt als großer Zauberer. Der Ibisköpfige Gott ist also ein echter Workaholic, aber auch eine gewaltige Nervensäge. Sein überlegener Intellekt lässt ihn arrogant und abgehoben erscheinen und so meiden die meisten Götter Diskurse mit ihm. Doch in Notsituation ist es vor allem Thots Rat, der gesucht wird, obgleich sich der Ratsuchende auf ein verdammt langes Gespräch einstellen muss.
Ähnlich wie Anubis hat Thot also die Funktion eines Dieners, der jedoch so unersetzlich und wichtig ist, dass er all seine Herren überdauert. Er ist unter Res Herrschaft ganz klar als dessen Stellvertreter ausgewiesen, der die Sonne bei Nacht als Mond vertritt und so auch die Monate bestimmt, weshalb Thot auch als Initiator des Kalenders gilt. Während der herrschende Gott meist nur in Krisenzeit interveniert, ist Thot permanent beschäftigt, er ist es, der alles organisiert und plant, ohne selbst offiziell diese Macht auszuüben. Es dürfte wohl keinem schwer fallen Eigenschaften Thots sowohl in Daniel Faraday als auch in Richard Alpert wiederzuentdecken, in gewissem Maße sogar in Ben und Jack.
Mit Daniel (aber auch mit Ben) hat er vor allem die hohe Intelligenz gemein – beide gelten als belesen und vermögen ihren Gegenüber halbtot zu quasseln. Die Funktion als Organisator und Stellvertreter teilen Ben und Richard mit Thot, wobei ich Thot eher in Richard sehen würde, da er unmittelbar für Jacob spricht und theoretisch die meiste Macht in der Hierarchie der Anderen ausüben könnte. Der alte Ibis wird euch aber in den folgenden Wochen noch öfters über den Weg laufen, weshalb ich das Thema hier zunächst einmal abschließe.
Isis
Ise/Iset
Kaum eine Gottheit ist so gütig und durchtrieben zugleich. Isis tritt als große Magierin (selbst für die Verhältnisse der Götter), treusorgende, hingebungsvolle Gattin, Schwester und Mutter auf. Gleichzeitig ist sie überaus neugierig und listig. So soll sie Re absichtlich vergiftet haben, um an seinen geheimen Namen zu kommen – sie heilte ihn zwar vom Gift des Schlangenbisses, jedoch erst nachdem sie ihm diese entscheidende Information entlockt hatte. Als Gemahlin des Osiris scheint sie wiederum tadellos – sie sucht in ganz Ägypten nach den von Seth verstreuten Überresten ihres Gatten und belebt diesen mit Anubis, den sie, obwohl er der uneheliche Sohn ihres Mannes war, liebevoll großzog, wieder. Vor allem für ihren Sohn Horus ist sie eine aufopfernde Mutter.
Die Vielschichtigkeit dieser Göttin macht es unmöglich sie klar einem bestimmten „Aufgabenbereich“ zuzuordnen. Isis ist allgegenwärtig: als Gattin des Osiris tritt sie als Totengöttin auf, sie ist Heilerin, Magierin, Schutzgöttin der Mütter, Kinder und Hausfrauen, sie ist die Verkörperung des königlichen Herrschaftsanspruches (ihr Symbol ist ein Königsthron) und auch eine listige Manipulatorin. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich bereits in Staffel 3 (als der ägyptische Einfluss also noch lange nicht so offensichtlich war wie jetzt) fand, dass Juliet viel mit Isis gemein hat – zum einen treusorgend und mütterlich, aber andererseits auch durchtrieben und hinterlistig.
Nephthys
Neb-hut/Neb-hut/Nebtho
Nephthys, die „Herrin des Hauses“, ist praktisch nicht von ihrer großen Schwester Isis zu trennen. Isis ist das Leben und das Licht – Nephthys Tod und Dunkelheit (im wertneutralen Sinne). So wie Isis Anubis, Nephthys’ Sohn umsorgte, so nimmt sich auch Nephthys Isis’ Sohn Horus als dessen Amme an.
Selbst Osiris’ Fehltritt vermochte es nicht, die Schwestern zu entzweien – eher ganz im Gegenteil: In einigen Versionen der Osirislegende ziehen sie gemeinsam durchs Land, suchen nach Osiris Leichenteilen und trauern und wehklagen beide um den ermordeten Bruder. So wundert es auch nicht, dass Nephthys trotz ihres beschützenden, mütterlichen Charakters auch als Totengöttin verehrt wurde. Markant an Nephthys ist auch das Zeichen, welches sie auf dem Haupt trägt: Eine Hausmauer mit einem Korb darauf.
Sobek
Sebek, Sochet, Sobk, Sobki, Soknopais/Suchos
Eine Gottheit mit je nach Epoche sehr großer oder geringer Bedeutung ist Sobek. Als Krokodilsgott ist Sobek (der Name Suchos bedeutet auch schlichtweg „Krokodil“) Herr der Flüsse, Seen, Sümpfe und Oasen, ein Gott des Wassers und unmittelbar mit dem Nil verknüpft. Der Nil war die Lebensader Ägyptens. Ohne den Nil hätte es wohl nie eine altägyptische Hochkultur gegeben und unsere Geschichte hätte einen gänzlich anderen Verlauf genommen, da man nie vergessen sollte, dass das Alte Ägypten in der Antike nicht nur dem westlichen Kulturraum zuzurechnen war, sondern diesen auch stark beeinflusste. Da die alljährlichen Nilfluten für die Ernten und deren Qualität von immenser Bedeutung waren, wurde Sobek bald auch zu einem der bedeutendsten Fruchtbarkeitsgötter – jedoch war Sobek anders als etwa Min (ein in Bandagen gewickelter Knilch, der immer aussah als hätte er gerade eine komplette Packung Viagra gefressen) eben mehr für die Vegetation zuständig.
Die Ägypter gingen bei der Verehrung Sobeks soweit anzunehmen, dass die Qualität der Ernte in Abhängigkeit von der Flut davon bestimmt werde wie viele Krokodile sich im Nil tummelten. Zeitweilig vereinte sich Sobek sogar mit Re und wurde als Sobek-Re zum Herrscher der Welt und höchsten aller Götter. In Sais galt Sobek als Sohn der KriegsgöttinNeith. Im südlichen Ombos in Oberägypten (auch wenn euch das irritieren mag – bei den Ägyptern war Süden oben und Norden unten auf der Karte) steht zu ehren Sobeks sogar ein ganz und gar einmaliger Tempel, den er sich mit Horus teilt. Es ist die einzige Kultstätte, die von zwei Göttern gleichberechtigt in einer Art Zwillingstempel bewohnt wird.
Sokaris
Socharis/Sokar/Seker
Und noch ein Totengott – diesmal einer, der die meiste Zeit als Falke auf einem Sandhügel hockt und über den Nil schippert. Sokaris ist der Herr des Rosetau („die Pforte zu den Tunneln“), also des Eingangs zur Unterwelt, den er bewacht und er ist es auch, der mit seiner Barke die Verstorbenen über den Nil ins Jenseits geleitet. Ferner gilt er auch als Gott der Metallverarbeitung und Schutzherr der Schmiede. Vielmehr kann über Sokar als Individuum auch nicht gesagt werden, weil er eher selten alleine irgendwo auftaucht. Meist steht er in Personalunion mit Ptah und/oder Osiris und wird als Ptah-Sokar oder gar Ptah-Sokar-Osiris verehrt. Für „Lost“ von Interesse ist Sokar dennoch, denn die wenigen individuellen Funktionen dieser Gottheit haben einen recht offensichtlichen Bezug zur Insel. Wenn wir die Insel einmal als einen Ort sehen, an dem ein realer und ein spiritueller bzw. transzendaler Ort gleichzeitig den selben Raum bewohnen, könnte sie eine Art Duat oder Rosetau sein und Sokaris als Wächter eben jener Orte in der ägyptischen Mythologie könnte seine Entsprechung in den Wächtern der Insel (Jacob, den Anderen, den Anführern der Anderen, „Man#2“ oder dem Monster) finden oder aber, wenn wir den Tempel bzw. den Eingang zu den Katakomben der Anderen als „Pforte zu den Tunneln“ sehen, unmittelbar im Sicherheitssystem aufgehen.
Upuaut
Wep-wawet/Wepwawet/Wepawet/Ophois
Es ist irgendwie ziemlich erstaunlich, dass dieser sehr bedeutende Gott den wenigsten geläufig ist, die sich nicht eingehend mit der Materie beschäftigt haben. Upuaut ist der „Öffner der Wege“ und eine überaus vielschichtige und wichtige Gottheit. Der Name ist durchaus mehrdeutig und das ist höchstwahrscheinlich auch beabsichtigt. Dargestellt wird Upuaut als stehender Schakal, Hund oder Wolf oder als Krieger mit Hundekopf, der Keule und Bogen als Kriegswerkzeug in die Schlacht trägt. Seine Schakalarmeen sollen z.B. einst die Äthiopier aus Ägypten vertrieben haben. Eine Standarte des Upuaut wurde oft am Anfang von Heereszügen vorweg getragen und er soll auch unter den Göttern bei Kriegen als „Leiter der Götter“ voran gezogen sein – er eröffnete den Zug und ist so im Krieg der „Öffner der Wege“. Auch bei der Vereinigung von Ober- und Unterägypten dürfte Upuaut eine große mythologische, aber auch ganz reale, kulturelle Bedeutung gehabt haben.
Sein Hauptkulturort ist die an der Grenze zwischen Ober- und Unterägypten gelegene Stadt Siut. Dies führte dazu, dass Upuaut von einigen in zwei Gottheiten aufgeteilt wurde – einen oberägyptischen und einen unterägyptischen Upuaut. Diese Art des Dualismus steht im krassen Gegensatz zu der sonst eher üblichen Praxis verwandte Gottheiten zu einem Gott zusammenzufassen. Aufgrund der Einigung beanspruchte Upuaut in Oberägypten sogar die Herrschaft über das von ihm geeinte Ägypten, während man ihm im Norden als „Leiter des Himmels“ Rechnung trug.
Doch Upuaut ist auch Diener des Horus und zieht bei Prozessionen zu Ehren dessen Vaters Osiris oder des Pharaos ebenso voran wie bei Heereszügen. Es gibt auch Darstellungen Upuauts an der Seite der Isis oder als Sohn des Osiris. Obgleich er aber den Titel „König der Götter“ trug, tauchen Upuaut, Thot und Anubis gleich meist als Diener anderer Götter auf. Letzterem wird er oft als Gefährte zur Seite gestellt. Die Götter Anubis und Upuaut sind einander überaus ähnlich, doch trotz immer stärker werdender Annäherung gehen sie nie ganz ineinander auf.
In Abydos jedoch schafft Upuaut es sogar zum Totengott und Herrn der Nekropole und tritt zeitweilig statt Anubis auf. In neuerer Zeit wurden übrigens zwei Forschungsroboter nach Upuaut benannt, die in besonders schmalen Schächten Cheops-Pyramide eingesetzt wurden. So, warum jetzt eine so lange Beschreibung für einen relativ unbekannten Kriegsgott? Was uns an Upuaut interessieren sollte, ist vor allem sein Name „Wegöffner“ bzw. „Öffner der Wege“ in Zusammenhang mit dem ihm zugeordneten Tier. Bei „Lost“ kennen wir einen gewissen Hund, dessen Erscheinen oft wichtigen Ereignissen vorausgeht oder aber Menschen zu Orten führt, an denen dann etwas Wichtiges passiert. Vincent ist der erste der Überlebenden von Oceanic Flug 815, der aktiv das Geschehen auf der Insel beeinflusst. Er weckt Jack und (er) öffnet damit in gewisser Weise die darauffolgenden Ereignisse. Wie die meisten Lost-Fans gehen ich auch davon aus, dass Vincent noch eine überaus entscheidende Rolle spielen wird und mehr ist als ein normaler Hund.
Maat und Isfet
Ma'at und Isfet/Mayet und Isfet
Ich warne euch alle schon mal vor: jetzt kommt echt harter Tobak. Zunächst einmal sei klar vorweg geschickt, dass Isfet (auch wenn man gerade im Internet oft gegenteilige Quellen findet)"KEINE Göttin" ist – ich habe diesem Irrtum bis zu meiner Recherche für diesen Artikel auch lange aufgesessen, weil meine Geschichtslehrerin uns diesen Blödsinn mal erzählt hat.
Maat und Isfet sind Prinzipien des kosmischen Gleichgewichts. Während Maat die Weltordnung verkörpert ist Isfet ihr Gegenstück, also das Chaos. Maat wird in der Tat durch eine gleichnamige Göttin mit einer Feder auf dem Haupt, die als Tochter und Auge des Re gilt, personifiziert. Doch war Maat so wichtig, so allgegenwärtig und unbestreitbar, dass man ihr nie einen eigenen Tempel errichtet hätte.
Die existierenden Kultstätten waren für gewöhnlich mehr mit Gerichtshöfen als mit Gebetshäusern zu vergleichen. Jeder, selbst der Pharao und sogar die Götter, mussten sich den Prinzipien der Maat fügen. Alles wurde nach ihr ausgerichtet und es hätte den Untergang der Welt bedeutet, ihr nicht den nötigen Respekt zu zollen und so dem Chaos die Oberhand zu geben. So wurden selbst die Pyramiden exakt nach der Ordnung der Maat ausgelegt, was bedeutete, dass sie absolut perfekt und den vier Himmelsrichtungen entsprechend ausgerichtet sein mussten. Das gesamte Leben der Alten Ägypter war nach der Maat ausgerichtet – Wahrheit, Gerechtigkeit und Ordnung. Eine besondere Bedeutung kommt der Maat beim Totengericht zu. Der Verstorbene tritt dort vor 42 Richter (ja, 42 – Zufälle gibt’s, nicht wahr?) und beichtet jedem eine Sünde(guckt für Einzelheiten am besten mal hier rein).
Danach wird sein Herz (der Sitz der Seele) gegen die Feder der Maat aufgewogen und nur wenn sie im Gleichgewicht ist, darf der Verstorbene ins Totenreich eintreten. Obwohl Maat also einerseits nicht die höchste aller Gottheiten war (sie stand in der Hierarchie zumindest unter ihrem Vater Re), stand sie als Prinzip über allem und durchdrang alles. Maat war eine kosmische Grundhaltung, eine ethische Einstellung, die jeder Ägypter in sich zu tragen hatte, damit er im Sinne der Maat leben konnte. Alles war Maat – die Menschen, die Luft zum Atmen, die Erde, die Nahrung, das Wasser, Kleidung usw.
In gewisser Weise ist auch Isfet als Teil der Maat zu verstehen, da zur kosmischen Ordnung auch das Gleichgewicht zählt. Der wahrhaftigen, richtigen Kraft der Maat musste also eine ebenso starke chaotische entgegenwirken: Isfet. Ordnung und Chaos bedingen einander, brauchen einander – das Chaos muss also die Ordnung stören, damit sie überhaupt aufrecht erhalten werden kann.
Dieses Prinzip von Dualismus, entgegenwirkenden Kräften, Ausgleich und Kausalität ist auch eines der grundlegenden Prinzipien bei „Lost“ – anders als sonst üblich kann man an die Charaktere von „Lost“ nicht mit dem christlich geprägten Schwarz-Weiß-Denken rangehen und dennoch haben wir ein Gleichgewicht von Kräften, alles und jeder hat seinen Gegenpol:
Jacob und "Man#2", Ben und Charles, Jack und Sawyer oder Kate und Juliet. Aber gerade aus diesen Gegensätzen entsteht die Dynamik – These und Antithese werden zur Synthese und treiben so das Geschehen voran. Es stellt sich die Frage, ob Jacob vielleicht deswegen seinen Tod in Kauf nahm, weil er weiß, dass nur durch ein ständiges Konkurrieren Bewegung entsteht – das Chaos würde so oder so gewinnen, sobald sich das Gleichgewicht zu Gunsten einer Seite neigt – welche ist dabei egal.
Bes
Bisu
Bei Bes handelt es sich um den wohl lustigsten der ägyptischen Götter. Er ist ein ulkiger kleiner Schutzgeist, dessen Hauptaufgabe darin besteht durch wilde Tänze und groteske Fratzen böse Dämonen aus Heim und Hof zu vertreiben. Bes bezeichnet dabei entweder die Hauptgottheit dieses Namens oder dient als Sammelbegriff für alle zwergenhaften Schutzgeister. Bes war eine Gottheit für das einfache Volk und in späteren Zeiten wendete man sich mit alltäglichen Problemen und Fragen sogar an ein Orakel des Bes, das länger als alle anderen altägyptischen Kulte Bestand gehabt haben soll. Heute haben wir dafür ja zum Glück Astro-Shows im Fernsehen.
Bes war also, obgleich er in der Götterhierarchie sehr weit unten stand, ein überaus wichtiger Gott, der sogar andere bedeutende Götter wie etwa Horus vor Gefahren schützte. Dargestellt wird Bes stets von vorne, als kleiner Zwerg mit verkrüppelten Beinen und einem großen Kopf mit groteskem, bärtigem Gesicht.
Month
Monthu/Montu/Montju/Monto/Mont/Ment/Menthu/Mentu/Minu'thi Kommen wir nun zu so einer richtig, miesen, kleinen Type: dem Kriegsgott Month. Month wird für gewöhnlich als Mann mit Falkenkopf, auf dem er zwei hohe Federn und eine Sonnenscheibe trägt, dargestellt. „Sein Brot sind die Herzen und sein Wasser ist das Blut“ (zitiert nach de Beler) heißt es in altägyptischen Texten. Month ist DER ägyptische Kriegsgott und so gerade in Epochen der Kriege und Eroberungen von großer Bedeutung gewesen. Einige Pharaonen machen Month sogar zum Teil ihres Namens: Mentuhotep – „Month ist zufrieden“. In späteren Zeiten wurde Month, der auch ein wichtiger Ort- und Sonnengott war, oft von Amun oder Re verdrängt oder in sie „aufgenommen“. Als stolzer Krieger und wichtiger Schutzgott im Krieg (ähnlich wie Upuaut) bleibt er jedoch erhalten. Ich weiß zwar nicht genau warum, aber irgendwie sagt mir eine Intuition, dass uns Month in Staffel 6 in irgendeiner Form noch beschäftigen dürfte, schließlich haben wir einige recht kriegerische Charaktere – allen voran Sayid!
Ammit
Ammut/Ammet/Amam/Amemet/Ahemait
Die alte Kröte darf natürlich auch nicht fehlen. Ammit war ein Mischwesen aus Krokodil, Löwe, Leopard und Nilpferd (also aus den drei gefährlichsten in Ägypten beheimateten Tieren), das vor allem im Totenglauben eine wichtige Rolle spielte. Beim Totengericht soll Ammit die Seele bzw. das Herz des Verstorbenen verschlungen haben, wenn es nicht im Gleichgewicht mit der Feder der Maat war. Andernorts taucht diese Dämonin auch nicht auf. Allerdings hat sie eine ähnliche Funktion wie Cerberus bei den Griechen und auch die enge Verknüpfung mit Prüfung/Gericht und Vernichtung der Sünder stellt einen Bezug zum Rauchmonster her.
Atum, Nun, der Urhügel und Benben
Das beste bzw. interessanteste, aber auch schwierigste habe ich mir für den Schluss aufgehoben (zumal es einen guten Übergang zur nächsten Ausgabe bildet). Die Recherche hat mir den Schöpfungsmythos von Heliopolis, aber auch andere altägyptische Schöpfungsmythen wieder ganz gut ins Gedächtnis gerufen und mir wurde klar, dass ich unter Umständen eher zufällig auf ein gewaltiges Puzzlestück der Lost-Mythologie gestoßen sein könnte. Der Ursprung aller Dinge ist Nun der Urozean, der Gott allen Wassers auf dem in späteren Zeiten die gesamte Welt ruht (auch bei den fortschrittlichen Ägyptern war der Gedanke, die Welt als Scheibe zu sehen, noch üblich). Nun ist ein kosmischer Gott und vermutlich die älteste aller ägyptischen Gottheiten. Zunächst ist Nun völlig leblos und doch wird er zum Ursprung allen Lebens. Nun ist in der Zeit vor der Zeit eher abstrakt zu verstehen, als blankes Chaos, als endlose Wasserfläche in totaler Finsternis, ohne jeden Begriff von Zeit und Raum.
Aus Nun erwuchs nun (ich weiß, blödes Wortspiel, aber ich konnte es mir nicht verkneifen) der Urhügel – eine Insel, von der aus der Schöpfergott Atum handelte. In anderen Fassungen ist es der Demiurg(Weltschöpfer) selbst, der sich aus dem Nun erhebt, sich selbst ein Bewusstsein gibt und in Einheit mit dem Urhügel verstanden werden kann. Dieser Urhügel, dem auch der berühmte Benben Stein (oder auch einfach Ben) nachempfunden war, wird in einigen späteren Legenden des Osirisglauben mit jener Insel gleichgesetzt, auf der sich Osiris’ Grab befand und über, die er später geherrscht haben soll. Demnach hätte Osiris ganz wortwörtlich den Thron des Demiurg Atum eingenommen. Atum selbst kann als Aspekt Res verstanden werden – die Sonne als Lebensspender hat je nach Position einen anderen Namen, ist eine andere Form der gleichen kosmischen Gottheit: am Morgen ist sie Chepre – ein Skarabäus, der die Sonne aus der Unterwelt empor trägt, am Tage ist sie Re in der Sonnenbarke und am Abend wird die Sonne zu Atum. In der Schöpfung ist Atum als Inbegriff des selbstangetriebenen Schöpfungsimpulses zu verstehen. Er ist es, der sich selbst aus dem Nun erschaffen hat. Nun selbst wird als entgegenwirkende, chaotische Kraft an den Rand der Welt verdrängt. Er existiert weiterhin und versucht auch an seinen angestammten Platz zurückzukehren – hier finden wir also mal wieder das Prinzip des Kampfes zwischen Ordnung und Chaos. Unter anderem geht auch Apophis als Verkörperung der zerstörerischen Kräfte des Chaos auf Erden aus Nun hervor.
Da eine Verknüpfung zwischen „Lost“ und der ägyptischen Mythologie mittlerweile unbestreitbar ist, sollten wir vielleicht in Erwägung ziehen, dass die Insel jener Urhügel ist – der Anfang von allem, ein Ort, der zeitlos und doch als Anfang aller Zeit als realer und zugleich transzendaler Ort existiert. Dann wird es auch egal, ob wir in Jacob Osiris, Atum oder Re sehen wollen, da alle drei als legitime Herrscher über den Urhügel in altägyptischen Schriften verbürgt sind.
Interessant ist hier natürlich auch der Name des Steines, der symbolisch den Urhügel und auch (wie man an der Pyramidenform festmachen kann [siehe letztes Bild]) den Ursprung der Maat verkörpert: Benben-Stein oder einfach nur Ben – und der Name hat doch irgendwie einen sehr vertrauten Klang, oder?
So das war es fürs erste. Es gibt natürlich noch eine ganze Menge weiterer Götter von großer Bedeutung wie Ptah (Schöpfer- und Totengott), Chnum (Schöpfergottheit), Aton (die Sonnenscheibe), Schu (die Luft), Geb (die Erde), Tefnut (die Feuchtigkeit), Neith (Kriegsgöttin), Aker (die Träger der Welt), Nut (der Himmel), Amun (Himmelsgott) oder Chons (der Mond). Doch das würde den Rahmen einer Ausgabe völlig sprengen und für den Bezug zu „Lost“ und ein grundlegendes Verständnis der ägyptischen Mythologie sind zunächst die oben aufgeführten mehr als ausreichend. Bei genügend Zuspruch und Interesse eurerseits, Zeit und Lust meinerseits wird es vielleicht mal einen zweiten Teil des "Who-is-Who" geben, aber vorher sind andere Themen dringlicher und daher werde ich mich beim nächsten Mal dem Schöpfungsmythos von Heliopolis, der Osirislegende, dem Kampf zwischen Horus und Seth und deren Verbindungen zu Jenseitsglaube und Totenriten widmen. Falls euer Interesse für die Thematik ganz allgemein geweckt ist, gibt es anbei einige Buchempfehlungen:
Hans Bonnet: „Lexikon der Ägyptischen Religionsgeschichte“; Nikol-Verlag; ISBN 13: 978-3-937872-08-7 / ISBN 10: 3-937872-08-6
Aude Gros de Beler: „Die Götter und Göttinnen Ägyptens“; Komet-Verlag; ISBN 3-89836-199-3